Geschichte

Die Geschichte der Geranie: Wie die Pelargonie nach Europa kam

Im 17. Jahrhundert reist ein junger Botaniker nach Südafrika. Er entdeckt dort eine besonders schöne, unbekannte Pflanze und schickt sie nach Europa. Dort wird sie als „Geranie“ sehr schnell sehr beliebt – und gehört heute zu den populärsten Zierpflanzen überhaupt.
Es ist das Jahr 1672. Der junge Arzt und Botaniker Paul Hermann soll für die niederländische Ostindien-Kompanie nach Ceylon (heute: Sri Lanka) reisen und sich dort medizinisch um die Angestellten des Unternehmens kümmern. Er stimmt zu, denn er möchte unbedingt in diese tropischen Breitengrade – vor allem, um die dortige Pflanzenvielfalt zu erforschen. Doch er hat die Reise unterschätzt, sie ist sehr anstrengend.
Hermann muss mehrere Stürme, Unwetter und Krankheitsausbrüche an Bord überstehen – doch nach mehreren entbehrungsreichen und gefährlichen Wochen erreicht er schließlich Land: Zwar ist die Reise noch nicht ganz geschafft, aber das Schiff erreicht eine Verpflegungsstation der Ostindien-Kompanie an der südafrikanischen Küste. Dort kann er für zehn Tage von Bord gehen, um sich kurz zu erholen, bevor es weitergehen soll.

Hermann entdeckt eine unbekannte, besonders schöne Pflanze

Hermann nutzt diese Reiseunterbrechung intensiv: Er erforscht die südafrikanische Küste, untersucht vor allem die Vegetation um den Tafelberg und ist – gerade nach den vielen Entbehrungen, die er gerade durchmachen musste und den vielen Krankheiten, die an Bord wüteten – überwältigt von der großen und eindrucksvollen Pflanzenvielfalt, die ihm dort überall begegnet. Alles ist grün, üppig und reichhaltig, voller Farben.
Eines der Gewächse fällt ihm dabei ganz besonders ins Auge: Er kennt es nicht, hat es noch nie gesehen, doch es ist mehr als zwei Meter hoch, blüht sehr bunt und ist dabei noch auffällig schön. Hermann nimmt einige Proben der Pflanze und schickt sie dann – während er selber bald darauf weiter nach Ceylon reist und dort seine Position antritt – mit dem nächsten Schiff zurück in die Niederlande.

Die „Geranie“ wird bekannter – und ganz Europa will sie

Die Pflanze ist sehr zäh. Sie übersteht – anders als viele der anderen Gewächsproben, die Hermann ebenfalls mitschickt hat – die Reise unbeschadet und kommt gut in den Niederlanden an. Dort wird sie direkt von Forschern und Botanikern in Empfang genommen und unter die Lupe genommen. Sie halten sie für eine Geranie, weil sie den heimischen winterfesten Geranienstauden sehr ähnlich sieht.
Sie versorgen die Pflanze, züchten sie – und schon bald ist sie nicht mehr nur in Leiden zu finden; auch in den botanischen Gärten von anderen Städten in Holland taucht sie auf. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt: Schnell interessieren sich andere Europäer ebenfalls für diese schöne,
widerstandsfähige und exotische Pflanze. Insbesondere der Adel und reiche Städte sind begeistert von ihr.

Immer mehr Größen, Formen, Farben entstehen

Ihr Interesse sorgt dafür, dass die Geranie so begehrt ist, dass sie in immer mehr Formen, Größen und Farben gezüchtet wird. 1826 gibt es im Weimarer „Hortus Belvederanus“ bereits 352 unterschiedliche Arten der Geranie – und sie ist nicht nur als Zierpflanze begehrt: Speziell in Südfrankreich wird sie gezüchtet, um aus ihr einen Duftstoff für die Parfümproduktion zu gewinnen.
Ihrer Beliebtheit tut es auch keinen Abbruch, als sich im Laufe des 18. Jahrhunderts herausstellt, dass die „Geranie“ eigentlich keine Geranie ist. Denn Geranien haben fünf gleich große Blütenblätter – diese hier hat zwei größere Blätter oben und drei kleinere Blätter unten, sie gehört zur selben Pflanzenfamilie, ist aber keine Geranie. Sie erhält den Namen „Pelargonie“, der sich aber nicht überall durchsetzen kann.

Heute: 400 Millionen Pelargonien pro Jahr verkauft

Die Beliebtheit der Pelargonie dagegen wächst immer weiter an – ganz unabhängig von ihrem Namen. Bis heute werden jedes Jahr neue Sorten und Farben entwickelt, es sind aktuell rund 17.000 unterschiedlich benannte Sorten im Internationalen Pelargonium-Register erfasst und es kommen immer noch welche dazu. Rund 400 Millionen Pelargonien werden jedes Jahr in Europa verkauft, 100 Millionen davon allein in Deutschland – und ein Ende dieser unglaublichen Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht. Das hätte sich der junge Paul Hermann vermutlich niemals träumen lassen.